Mittlerweile bin ich mir sicher, dass alles was uns passiert für irgendetwas gut ist und dass keine Entscheidung, die wir autonom zu treffen glauben eine falsche Entscheidung ist. Was soll schon passieren, außer dass wir etwas neues lernen? Ausnahmesituationen können die größten Geschenke sein, weil wir uns selbst auch noch einmal von einer völlig neuen Seite kennenlernen können. Und um dich das auf meine Art und Weise nachvollziehen zu lassen, will ich dir von einem ganz besonderen Abend mit einem ganz besonderen Menschen erzählen, der wirklich etwas tiefliegendes in mir in Bewegung gebracht hat.
Vor zwei Wochen hat mir meine beste Freundin von dieser Tanzveranstaltung erzählt, hat so geschwärmt, dass ich unglaubliche Lust bekommen habe, das auch einmal zu erleben. Also bin ich hingegangen, hab mich dort mit ihr getroffen und war überrascht über die einzigartige Stimmung im Raum. Ich habe mich auf eine ungewöhnliche Art und Weise wohl gefühlt und hatte Freiheit und Leichtigkeit im Blut. Nach einiger Zeit, in der ich mich allein und unabhängig von allem anderen entfaltet hatte, spürte ich den Impuls, mit einer anderen Seele in Kontakt zu kommen und mich zu verbinden. Gleichzeitig hatte ich aber nicht das Gefühl, krampfhaft suchen zu müssen. Ich hab mich einfach treiben lassen. Und dann hab ich dich gesehen.
Auf einmal warst du da, an diesem besonderen Abend und hast mich angesehen. Deine Augen waren so tief und du warst so wunderschön in deiner Zaghaftigkeit und deiner Art, dich zu bewegen. Wir hatten minutenlang Augenkontakt und sind uns im Raum stetig ein bisschen näher gekommen. Die Musik hat uns verbunden und wir haben eine Art Harmonie entwickelt, in der wir uns mit der Aufmerksamkeit des jeweils anderen frei bewegen konnten.
Ich wollte mehr von dir und deiner Ausstrahlung erleben und hab mich dir vollkommen zugewendet, bis wir uns an den Händen genommen und miteinander getanzt haben. Ich musste instinktiv lächeln und konnte nicht mehr damit aufhören, weil du mich so berührt hast mit deinem zarten Sein. Ich hab mich in dir gesehen wie in einem Spiegel und hab so eine große, kraftvolle Liebe für dich empfunden, die wie ein Fluss durch meinen ganzen Körper geströmt ist. Wir mussten immer wieder laut lachen, weil wir uns so übereinander freuen konnten und es einfach Spaß gemacht hat, sich mit dir zu den Rhythmen zu bewegen.
Du hast mich beflügelt und mir einen ganz besonderen Zugang zu mir selbst ermöglicht.
Als die Musik leiser wurde, bist du mit den Worten "Du bist so schön." noch näher zu mir gekommen und dann haben wir uns lange und eng umarmt und es hat sich angefühlt, als wäre es eine vertraute Umarmung und trotzdem war es neu und so spannend, es war wunderschön und ich hab es wirklich genossen. Da war so etwas besonderes in der Luft und ich hab vollkommen vergessen, wo wir waren. Es war eine Begegnung auf reiner Seelenebene, was du genauso in Worte gefasst hast. Dieser Moment war frei von Raum und Zeit, von dem offensichtlich großen Altersunterschied zwischen uns und anderen illusionären Grenzen, er war frei von Gedanken.
Du meinest, du bräuchtest eine Pause und ich bin kurz rausgegangen, um zu telefonieren. Als ich wieder reinkam, stand auf einmal eine andere Frau vor mir, mit der ich auch einen tollen Moment beim Tanzen erleben durfte. Ich hab mich einfach darauf eingelassen, sie kurz meinen Spiegel sein zu lassen. Aber ich hatte das Gefühl, zu dir zu wollen, weil es das noch nicht gewesen sein konnte.
Ich hab mich an all den anderen Menschen vorbeigeschlängelt und mich neben dich auf den Fußboden gesetzt. Und da war wieder dein zauberhaftes Lächeln und dein tiefer Blick, der mich einladend und freudig gefesselt hat. Die Musik lief im Hintergrund und weil es nicht richtig schien, sich flüsternd zu unterhalten, haben wir uns einfach nur angesehen. Dich zu beobachten, wie du mich gemustert hast, war von solch einer Intensität, dass ich es auf meiner Haut spüren konnte. An einzelnen Stellen hast du leise zur Musik mit gesummt und in diesen Momenten hab ich mich wahrhaftig in Geborgenheit gefühlt, wie ein Kind und es war eine Energie zwischen uns, die ich zuvor noch nie gespürt habe.
Du hast mich angeschaut und gesagt, du wärst gerade so neugierig und wolltest gleichzeitig überhaupt nichts wissen und ich konnte nicht glauben, dass wir beide so empfanden und dass du das so geschickt in Worte fassen konntest.
Ich hab deine Hand genommen und es hat sich so neu angefühlt, als hätte ich noch nie zuvor eine Hand berührt. Es hat mich so bewegt, dass mir Tränen in die Augen geschossen sind, weil du so wunderbar warst und mir so gut getan hast in diesem magischen Moment.
Wir haben uns irgendwann beide auf die Seite gelegt, sodass unsere Gesichter direkt voreinander waren und wir uns noch tiefer in die Augen schauen konnten. Ich hab jedes Detail deiner Erscheinung betrachtet und mich so wohl gefühlt in deiner Anwesenheit. Da waren nur noch du und ich und die Hintergrundgeräusche.
Du hast angefangen, sanft über mein Gesicht zu streicheln, mit deinen Fingern über meine Wange und Augenbraue zu fahren und diese unglaubliche Nähe ohne jegliche Seite der Erotik war einfach unglaublich. Wir kannten uns eine halbe Stunde und ich hätte dir meine gesamte Welt anvertraut.
Der Abend war offiziell vorbei und wir sollten uns in die Mitte des Raumes bewegen für ein gemeinsames Ende. Wir beide wollten aber nicht, es war so schön in unserer kleinen Welt auf dem Fußboden am Rand der Gymnastikhalle der Hebelschule. Kichernd sind wir dann doch Teil des Kreises geworden, sind aber stets in Körperkontakt geblieben, bis die ersten aufstanden um den Raum zu verlassen und ihrer Wege zu gehen.
Du hast mich angesehen und mich gefragt, ob ich Künstlerin sei. Ich konnte nicht fassen, wie gut du meine Seele kanntest und das hat mich sehr berührt. Wie genau wir einander beobachtet hatten, war schon fast verrückt, aber gleichzeitig wunderschön und so liebevoll.
Ich hab dir gesagt, dass ich dich gern wiedersehen würde und so ist doch ein kleiner verbaler Austausch entstanden, der aber mehr von Zweck als von Bedeutung war. Den Klang deiner Stimme hab ich trotzdem genossen.
Meine beste Freundin hat sich neben uns gesetzt und die Aufbruchsstimmung war nicht mehr zu leugnen, aber nicht auf unangenehme Weise. Es war in Ordnung, dass es erstmal vorbei war, die Intensität unserer Begegnung musste ich auch erst einmal verarbeiten. Sie ist zu den Umkleiden gegangen und so hatte ich noch genug Zeit, dich nach deiner Nummer zu fragen und noch einmal von dir in den Arm genommen zu werden. Als wir dabei waren, uns zu lösen, hast du mich angestrahlt und meintest, du müsstest jetzt noch wissen, wie alt ich sei. Als ich dir mein Alter nannte, schienst du noch mehr Liebe zu empfinden als zuvor, du warst geradezu euphorisiert. Es schien zwischen uns keine Tabus zu geben, nichts, was wir nicht miteinander teilen könnten. Ich hab dich noch einmal umarmt und dann sind wir gegangen, in einer Ungewissheit, die spannend und schmerzhaft zugleich war. Das, was zwischen uns war, wirkt jetzt noch in mir nach, es ist unvergesslich, egal, ob und wann wir uns wiedersehen werden. Danke dafür. Das hat mein Leben irgendwie verändert.
Diese Begegnung musste geschehen, glaube ich. Das Universum wollte das so. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so etwas zufällig passiert. Ich vertraue darauf, dass alles, was uns passiert, seinen Plan und seine Richtigkeit hat. Ändern können wir es sowieso nicht und es ist gesünder, sich auf den Lerneffekt zu konzentrieren als auf den Schmerz, den manche Situationen hinterlassen. Dadurch denken wir auch nicht zu viel. Und das sollten wir auch nicht, sonst verlieren wir uns im Jetzt und leben in der Vergangenheit, die nicht mehr von Bedeutung ist. Unser Leben ist mehr wert als das. Warum leben wir nicht einfach, zweifellos und frei von Bewertung...?
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